News | 03.02.2019

Die Digitalisierung hat längst alle Branchen erfasst – auch die Baubranche. Doch noch ist dem breiten Markt relativ wenig über die Möglichkeiten bekannt, die sie in diesem Bereich mit sich bringt. Wenn man die neuen Tools und Systeme denn schlau und übergreifend einzusetzen weiß. Einer, der das bereits sehr erfolgreich tut, ist Jürgen Dawo, Gründer der Town&Country Haus Lizenzgeber GmbH und Geschäftsführer Town&Country Franchise International, den ich, Ralph Guttenberger zum Interview getroffen habe.

Jürgen Dawo, Gründer der Town&Country Haus Lizenzgeber GmbH und Geschäftsführer Town&Country Franchise International

Herr Dawo, sehen Sie die digitale Revolution stärker als Chance oder als Risiko in der Baubranche?

Jürgen Dawo: Wir verstehen die Digitalisierung ganz klar als eine Chance – als Chance, individuelle Wünsche und Erwartungshaltungen unserer Interessenten besser bedienen zu können, sowie ressourcenschonender, effizienter und damit auch kostengünstiger zu arbeiten.

Mit Blick auf die Baubranche ist es oftmals so, dass zwar erkannt wird, dass die Digitalisierung die Gesamtheit der Prozesse beeinflussen wird, dieser Erkenntnis aber keine Taten folgen. Dabei beschreibt die Digitalisierung nicht einmal unbedingt neue Instrumente, sondern viel eher ein verändertes Verhalten und eine veränderte Erwartungshaltung seitens Interessenten, Kunden, Kooperationspartnern, Mitarbeitern und Lieferanten: geprägt von Schnelllebigkeit und permanenter Verfügbarkeit.

Und was muss geschehen, damit diese Chance ergriffen werden kann?

Jürgen Dawo: Wenn es uns nun gelingt, alle Zielgruppen bei ihren Bedürfnissen „abzuholen“, können wir schnell Plattformen und Instrumente schaffen, die es uns ermöglichen, die richtigen Daten zu sammeln und daraus letztlich Schlüsse für weitere Projekte zu sammeln. Für den Aufbau einer „digitalen Bauwirtschaft“ gibt es bereits viele Anwendungsmöglichkeiten und Softwarelösungen, etwa in der Beschaffung, der Baustellenlogistik, dem Kundenmanagement und der klassischen Kommunikation. Aber das dürfen keine Insellösungen sein.

Das Ziel muss vielmehr darin liegen, vorhandene Tools richtig zu orchestrieren und ohne Reibungsverluste am Markt zu platzieren. Das aber gelingt nur mit einer hochdynamischen Organisation und auch nur, wenn Ziele und Nutzen der Digitalisierung vom Geschäftsführer bis zum Lieferanten verstanden worden sind. Es geht um Transparenz von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt.

Aus meiner Sicht entsteht ein Risiko in der Digitalisierung dann, wenn die bereits genannten Punkte nicht berücksichtigt werden. Also immer dann, wenn Insellösungen geschaffen und ohne die Ideen der tatsächlichen Anwender platziert werden.

Bei der Digitalisierung gibt es bei allen Unternehmen zwei Hauptbereiche, zwei Perspektiven, die es zu berücksichtigen gilt: die der internen Prozesse und die der Verkaufsprozesse rsp. die Kundenperspektive. Wo stehen Sie als einer der Branchenführer diesbezüglich?

Jürgen Dawo: Als Branchenführer haben wir eine besondere Verantwortung gegenüber allen, die sich für die Marke Town & Country engagieren und täglich mit Kunden, Interessenten und Kooperationspartnern zu tun haben. Wir arbeiten dynamisch und damit immer an den Engpässen unserer Zielgruppen – so ziehen wir keine Trennlinie zwischen interner und externer Perspektive.

Ich will Ihnen dafür ein Beispiel geben: Ein wichtiges Projekt, das wir bereits ausgerollt haben, ist unsere App für Bauleiter und Handwerker. Sie ermöglicht die barrierearme und digitale Erfassung aller baurelevanten Dokumente, einen papierlosen Workflow von der Planung bis zur Hausübergabe und eventuellen Nacharbeiten, aber eben auch die Qualitätssicherung und den reibungslosen Austausch aller wichtigen Akteure auf dem Bau. Mit automatisierter Synchronisation schaffen wir volle Transparenz bis zum Bauherren, der seine Daten live in einem Bauherrenportal abrufen kann. Das schafft Vertrauen und bindet an die Marke.

Große Relevanz für uns hat ebenso das Building Information Modeling (BIM). Vorteil dieser Methode ist, dass bereits vor dem Bau eine digitale Simulation möglich ist. Fehlplanungen werden somit minimiert und potenzielle Mehrkosten sowie mögliche Alternativlösungen frühzeitig identifiziert. Auf Basis unserer Partnersoftware, mit der wir bereits seit mehr als zehn Jahren Häuser für unsere Zielgruppe visualisieren und bis zum fertigen Vertrag ausgeben können, schließt das einen Teil der Lücke von der Planung bis zum fertigen Haus. Darüber hinaus haben wir für unsere Franchise-Partner ein Portal geschaffen, welches die Beschaffung der für den Bau erforderlichen Materialien ermöglicht; nachvollziehbar bis zur Lieferung auf die Baustelle. Mit dem Zugriff auf ein als Unternehmenscockpit gestaltetes Interface ermöglichen wir unseren Partnern einerseits betriebswirtschaftliche und strategische Ansichten und andererseits die Kommunikation untereinander.

Klar ist: Digitalisierung eröffnet jede Menge Chancen. Aber sie wird auch die Arbeitswelt massiv verändern, wird Inhalte und Abläufe von Aus- und Weiterbildungen, sowie die Gestaltung des Arbeitsplatzes und von Arbeitszeiten betreffen. Und sie wird gleichzeitig die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, ändern. Für uns zählt der Faktor Mensch – und die meisten Menschen sind privat schon längst digital.

Jürgen Dawo: „Wichtig ist für uns die digitale Vernetzung aller Maßnahmen und Beteiligten sowie Artificial Intelligence im Bauprozess, Marketing und Vertrieb.“

Werden wir noch konkreter: Von Chatbots bis Virtual Reality: Was bietet Town & Country Haus heute schon (den Franchise-Partnern und den privaten Hausbau-Kunden an?

Jürgen Dawo: Wir nutzen aktuell für unsere Interessenten und Kunden Anwendungen aus den Bereichen Virtual Reality, Augmented Reality und Mixed Reality. Die Entwicklung begann für uns in diesem Bereich auf Basis einer App, die es via Cardboard – einem einfachen Gerät, das wie eine Halterung für VR-fähige Smartphones dient – möglich macht, ein Haus virtuell zu besichtigen.

Beginnend mit Innen- und Außenansichten unserer Häuser haben wir schnell gemerkt, dass wir hier einen echten „Emotionsverstärker“ haben. Daher haben wir uns dazu entschieden, in den Bereich Augmented Reality zu erweitern. Mittlerweile ist es möglich, mit Hilfe unserer Drucksachen und der Town & Country App, Häuser in 3D auf einem beliebigem Untergrund zu platzieren. Das verdichtet unsere Markenbotschaften, schafft eine hohe Bindung zum Interessenten, macht das Haus erlebbar und stärkt die Vorreiterrolle unserer Hauskaufberater vor Ort.

Eine wesentliche Rolle spielt auch die Mixed Reality. Hier beschreiben wir einen durchgängigen Prozess, der es unseren regionalen Partnern ermöglicht, Bauinteressenten zu einer virtuellen Hausbesichtigung einzuladen. Via Virtual Reality können Interessenten dann das Wunschhaus in allen Facetten erleben, kleinere Konfigurationen vornehmen und sich bereits gedanklich einrichten.

Im nächsten Schritt werden wir es mit Hilfe von Mixed Reality ermöglichen, Häuser virtuell auf freien Grundstücken zu platzieren und diese ebenso virtuell mit Smartphone oder Tablet zu besichtigen. Das schafft emotionale Bindung und erlaubt dem Bauherren einen ganz genauen Blick in die zukünftigen, eigenen vier Wände.

Geplant ist zudem ein Online-Hauskonfigurator, der optische Änderungen der Häuser durch den Bauherren zulässt, das Haus als Augmented Reality-Modell zusendet und letztlich alle Daten in unser Virtual-Reality System überträgt. Dann können unsere Interessenten ihr Wunschhaus hautnah erleben! Wir schließen die Lücke vom Erstkontakt zum Beratungstermin und sammeln auf der gesamten Strecke Daten die es uns ermöglichen, den Bauherren noch zielgerichteter zu beraten.

Doch bei aller Begeisterung, die diese Tools auslösen, müssen wir immer beachten, dass ein System kein Haus verkaufen kann. Es zählen menschliche Werte wie Empathie, Vertrauen und damit das Verständnis für unsere Bauherren. Wir verstehen den gesamten Prozess der Digitalisierung als Verstärker für diese Erfolgsfaktoren.

Schauen wir noch ein Stück weiter in die Zukunft: Wo geht die digitale Revolution Ihrer Meinung nach hin, wenn wir an die Bereiche Kommunikation mit Kunden rsp. Interessenten, Individualisierbarkeit, Einsatz digitaler Tools denken?

Jürgen Dawo: Mit zunehmender Automatisierung und Alltagsstress wird auch das Individuelle wieder wichtiger. Bereits heute können wir mehrere Millionen Varianten unsere Häuser ausgeben und holen damit unsere Interessenten in ihrer persönlichen Lebenswelt ab. Die Kommunikation im Online-Marketing, über Social Media bis hin zu Chatbots und WhatsApp bildet dabei für uns eine Selbstverständlichkeit.

Als wichtigen Trend sehe ich die Open Innovation, also den Ansatz, Ideen kostengünstig zu verbreiten, Feedback einzuholen, Misserfolge zu vermeiden und neue Produkte voranzutreiben. Wir wollen Unternehmen, Verbraucher, Gründer und Experten vernetzen. Diese haben eine umfangreiche Expertise und entwickeln in Teamarbeit neue Lösungen. Konkret beschleunigen sich Innovationsprozesse – und machen Mut für eigene Ideen.Wichtig ist für uns außerdem die digitale Vernetzung aller Maßnahmen und Beteiligten sowie Artificial Intelligence im Bauprozess, Marketing und Vertrieb.

Dazu brauchen wir motivierte Mitarbeiter mit entsprechendem KnowHow, eine flexible Organisationsstruktur, übergreifende Planung, klare Verantwortungen und ausgereifte Technologien die es uns ermöglichen, Altsysteme zu migrieren und an veränderte Bedürfnisse anzupassen. Damit entwickeln wir eine Digital-Architektur und die passenden Datenstrukturen.

Franchise-Unternehmen haben besondere Herausforderungen der digitalen Revolution zu meistern, da sie alle ihre Franchise-Nehmer mit ins Boot nehmen müssen – egal, wie digital-affin oder -avers diese sind. Und die Franchise-Zentrale muss immer mit besonderen Ideen bei der Digitalisierungs-Strategie vorangehen! Wie lösen Sie diese besondere Aufgabe? Wie reagieren Ihre Franchise-Nehmer?

Jürgen Dawo: Wir arbeiten schon seit Firmengründung mit der Engpass-Konzentrierten Strategie (EKS). Diese verstehen wir als ein Instrument zur ganzheitlichen Steuerung eines Unternehmens und damit auch zur Kommunikation und Einbindung unserer Franchise-Partner. Die Franchise-Struktur verstehen wir als lebendigen Organismus, als kybernetisches System, das auf interagierenden Wechselwirkungen basiert und dann erfolgreich ist, wenn es einem übergeordneten System (Zielgruppe) einen – möglichst zwingenden – Nutzen bietet. So liegt das Ziel für uns in der Nutzenmaximierung für unsere Partner.

Wichtig ist, dass wir mit unseren Partnern im permanenten Austausch stehen. Sei es über regionale Workshops, über unser Trainings- und Entwicklungsprogramm, das mehr als 300 Schulungstage jährlich umfasst, oder via Partnerinfos. Nur dann ist es uns möglich, die Entwicklung voranzutreiben und eben nicht digitale Projekte zu schaffen die nicht mehr Nutzen bieten als ihre reine Existenz.

Herr Dawo, danke für das Interview!

 

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